Geisterjäger
Thomas Nelsen ist 35 Jahre alt, gelernter Einzelhandelskaufmann und Mitarbeiter in einem Baumarkt. Soweit, so normal.
Außergewöhnlich ist sein Hobby. Er ist Geisterjäger. Er jagt sie nicht wirklich. An Geister glaubt er nämlich nicht. Er glaubt an die perfekte Inszenierung.
Seine Vorbilder dabei: Die Ghostbusters aus den bekannten Science-Fiction-Filmen. Doch wie lebt es sich als Hardcore-Fan?
In der niedersächsischen Provinz
In Schellerten, einem kleinen Ort im Landkreis Hildesheim, gibt es kleine Einfamilienhäuser mit gepflegten Vorgärten und gewaschenen Autos vor der Garage.
Aber dann steht da der umgebaute Volvo von Thomas Nelsen, der hier eigentlich gar nicht reinpasst mit seinen Geister-Aufspüranlagen auf dem Dach und den vielen Aufklebern. Fahren darf der Wagen auch nicht, das würden die Behörden bei dieser Ausstattung nicht zulassen.
Die Nachbarn haben sich mittlerweile an den
skurrilen Anblick vor Nelsens Haus gewöhnt, sagt er. Vor allem die Kinder. Doch das Auto ist nichts im Vergleich zu dem, was der Ghostbusters-Fan in seinem Haus unterbringt.
Muckeln im Keller
In seinem Keller baut Nelsen etliche Waffen und Instrumente für die Geisterjagd nach, mehrmals die Woche. Jede Ecke ist vollgestopft mit Werkzeug und Hilfsmitteln, um einen möglichst detailgetreuen Look zu kreieren - Nelsen ist da Perfektionist.
Er nennt das "muckeln", wenn er im Internet auf Suche nach neuen Gerätschaften ist und Ideen spinnt, wie er diese umsetzen kann. Bis er zufrieden ist, kann das manchmal sogar Jahre dauern.
Verbannungscontainer
Wie bei seinem Verbannungscontainer, an dem Nelsen insgesamt drei Jahre gebastelt hat. Dort legt er eine Geisterfalle ein, wenn er ein übernatürliches Wesen gefangen hat.
Thomas Nelsen bastelt nicht nur alleine in seinem Keller, er will seine Nachbauten auch zeigen und vorführen. Dafür hat er andere Hardcore-Fans gesucht - und gefunden. Mit ihnen wird er sogar für Auftritte bei verschiedenen Events gebucht, bei denen sie dann zum Spaß Geister vertreiben und für Fotos posieren. Dass sein Hobby einmal so viel Zeit einnehmen wird, war nicht immer klar.
Teamarbeit
Bei seiner alten Gruppe, den German Ghostbusters, hatte Nelsen immer das Gefühl, er müsste alles alleine machen. Das wurde ihm irgendwann zu viel. Er trennte sich von ihnen und suchte neue Mitstreiter. Mittlerweile hat er sie gefunden, seit Anfang 2015 bildet Nelsen zusammen mit ihnen die Ghostbusters Niedersachsen.
Jetzt hat jeder seine feste Aufgabe und alle stehen hinter dem Projekt. Die Verbundenheit mit den Ghostbusters geht für einige sogar unter die Haut.
Unter die Haut
Wie ernst es den Geisterjägern aus Niedersachsen mit ihrem Hobby ist, zeigen sie nicht nur mit ihren Verkleidungen, sondern auch mit Ohrsteckern und teilweise sogar mit Tattoos.
Ghostbusters-Freunde auf der ganzen Welt
Die Ghostbusters Niedersachsen sind nicht die einzige Fan-Gruppe in Deutschland, sagt Nelsen. Es gibt auch eine in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz. Aber auch in der Schweiz, in Amerika und sogar auf Hawaii verkleiden sich Ghostbusters-Fans - und fast alle von ihnen haben ihr eigenes Logo.
Nelsen hat für seine Gruppe das Niedersachsen-Ross entfremdet und ein Gespenst drauf gesetzt. Alle Mitglieder tragen es auf ihren Overall genäht.
So gut diese Details bei der Community ankommen, bei Frauen ist das häufig etwas anders.
Geisterjäger und Frauen
So viel Spaß Nelsen und seine Gruppe an ihrem Hobby haben, es hat auch Nachteile - oder führt zumindest zu einigen Schwierigkeiten. Zum Beispiel bei der Frauensuche.
Gegensätze unter einem Dach
Mittlerweile hat Nelsen jemanden gefunden, der sein Hobby zumindest akzeptiert - auch wenn seine Freundin nicht begeistert von alledem ist.
Im Haus könnten die Räume nicht gegensätzlicher sein. Verschnörkelte Möbel im Wohnzimmer, rosa Figuren im Badezimmer auf der einen Seite - Nelsens Keller voller Geisterwaffen auf der anderen. Dazu hat der 35-Jährige noch ein Zimmer für seine He-Man-Figuren und die Garage für sein Ghostbusters-Auto. Alles andere darf seine Freundin gestalten.
Von der Zeit, die ihr Partner in sein Hobby investiert, ist Nelsens Freundin nicht begeistert. Auch mit dem Medienrummel, der seit einiger Zeit um ihren Freund herrscht, will sie nichts zu tun haben. Doch einschränken will sich Nelsen nicht.
Ein Leben ohne Ghostbusters?
Doch ein Leben ohne Ghostbusters, würde das für Nelsen überhaupt in Frage kommen?
Vergeudetes Talent?
Nelsens nachgebaute Requisiten sehen täuschend echt aus. "Viele Leute meinen, ich verschwende mein Talent und hätte das beruflich machen sollen", sagt er. Doch in dieser Branche einen Job zu bekommen, ist nicht leicht. In Amerika sehe das anders aus, dort werden Leute wie Nelsen häufiger gesucht. In Hildesheim hat er mal beim Theater angefragt, doch die haben ihm davon abgeraten: Zu viel Stress für zu wenig Geld.
Nelsen kriegt immer wieder Anfragen von Privatleuten, die für seine Geräte bezahlen wollen. Das will er nicht. Niemand soll so aussehen, wie seine Fan-Gruppe. Da müssten schon Verantwortliche vom Film anfragen.
Für die Auftritte gibt es kein Geld. Das wäre auch mit dem Markenrecht schwierig, sagt Nelsen. "Wir sind ja kein Franchise-Unternehmen von Sony. Bei denen liegen die Rechte."
Teure Leidenschaft
Wie das bei extremen Hobbys meistens ist, gibt Nelsen viel Geld dafür aus. Wie viel genau, das kann er nicht beziffern. Er schätzt, dass ihn die Ghostbusters bis zu 1500 Euro im Jahr kosten. Sein Job in einem Baumarkt kommt ihm dabei zugute. Dort bekommt er immer wieder neue Inspirationen für seine Gerätschaften.
In Nelsens Sammelzimmer stehen in den Vitrinen mehr als 750 Figuren von He-Man oder Star-Trek - nicht in einer Reihe, sondern in drei Reihen hintereinander, weil ansonsten nicht genügend Platz für sie da wäre. Einige haben einen Wert von 300 Euro.
Verwandlung zum Geisterjäger
Wenn Nelsen seinen Overall überstreift, bleibt er trotzdem er selbst, sagt er. Das sei früher anders gewesen, als die alte Gruppe die Zeichentrick-Figuren nachgestellt hat. Auf den jetzigen Overalls stehen die echten Namen von Nelsen und seinen Freunden - zum Teil leicht abgewandelt. Nelsen nennt sich "Nelson". Das ist internationaler, sagt er. Auch wenn der Hobby-Geisterjäger es bestreitet, ein bisschen selbstbewusster wird er doch, als er in den Overall schlüpft und den Rucksack aufsetzt. Es steht ein Auftritt bevor.
Das Jahr der Ghostbusters
2016 ist ein ganz besonderes Jahr für die Ghostbusters Niedersachsen, denn im Sommer kommt ein neuer Ghostbusters-Film in die Kinos - mit Frauen. Geisterjäger sind für die sechs Männer zwar eher männlich, aber sie wollen sich überraschen lassen.
Für das Pinball-Universe, einem Flipperhändler, sollen die Geisterjäger aus Niedersachsen den neuen Ghostbusters-Flipper promoten.
Flippern für 5800 Euro
Wer dieses besondere Fanerlebnis mit nach Hause nehmen möchte, muss mindestens 5800 Euro zahlen - nach oben sind keine Grenzen gesetzt.
Fotos und Autogrammkarten
Die Liebe zum Detail kommt an. Die meisten Menschen reagieren positiv auf die Geisterjäger und wollen sogar Autogrammkarten und gemeinsame Fotos mit ihnen und ihren beiden Geistern
Marshmallow-Mann und Slimy. Einige machen sich zwar auch über sie lustig, aber die seien bloß neidisch, sagt Nelsen.
Wenn er bei den Auftritten sieht, wie gut seine Arbeit ankommt, dann weiß er, dass sich die ganze Mühe dafür lohnt. Und ein bisschen Übernatürliches liegt dann doch in Luft - mit oder ohne echte Geister.
Eine Multimedia-Reportage von
Kristin Hermann (Text)
Cora Sundmacher (Foto)
Till Rahm (Video)
Redaktion
Klaas Mucke
Mit Material von
Den Ghostbusters Niedersachsen
DPA
Musik
Ray Parker Jr. - Ghostbusters
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