Einleitung
Bremen unter Bombenvon Jan-Felix Jasch und Max Seidenfaden
Eine Multimedia-Reportage zum 75. Jahrestag der Bombennacht vom 18. und 19. August 1944.
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Vom 18. auf den 19. August werfen britische Flugzeuge 120.000 Bomben auf die Stadt, vor allem der Westen Bremens wird extrem schwer getroffen und fast vollständig zerstört. 1054 Menschen sterben.
Freitag, 18. August 1944
Menschen flüchten in Bunker – auch in solche, die nicht fertig sind. Einige befinden sich noch im Bau, haben keine Türen. Viele Bremer sind genervt. Entwarnung folgt um 19 Uhr. Sicher ist man während des Zweiten Weltkrieges, seit fast genau fünf Jahren, nicht.
Das Bild zeigt den Bunker an der Kornstraße in der Bremer Neustadt.
Luftgefahr
In den vergangenen vier Jahren ertönten über 500 Alarme, Angriffe gab es 131 – etwa alle zwei Wochen einer.
Eine Dreiviertelstunde später verschärft sich das Signal. "Luftalarm 15" gellt über die Stadt. Ein Angriff steht wenige Minuten bevor.
Im Bunker
Menschen stricken, lesen, einige unterhalten sich. Ein Zeitzeuge, der den Angriff im Bunker Muggenburg verbracht hat, schreibt „Man hört noch nichts. Ich löse Kreuzworträtsel und Wortketten“.
Das Bild stammt aus dem Bunker an der Schierker Straße in der östlichen Vorstadt.
Eine Reportage über Bunker in Bremen finden Sie hier.
"Schwerer Terrorangriff"
„Jetzt kommen die schrecklichsten Minuten. Flak schießt. Bomben. Bomben. Krachen. Bersten. Die angelehnten Luftklappen fliegen auf. Druck in den Ohren. Leute rücken zusammen. Die Nerven zittern, ohne dass man es will.
Bomben. Bersten. Krachen. Juchen und Schreien der Leute, Klatschen an der Bunkermauer. Beben und Schaukeln des Betonklotzes, unaufhörlich.“
So steht es im Tagebuch des damals 18-jährigen Günter Unger.
Ron Mayhill, ein Mitglied des 75. Squadrons, berichtet aus seiner Erfahrung: „Wir waren über drei Meilen in der Luft und alles, was man gesehen hat, war ein Mix an Farben und Action. Die Zerstörung selbst haben wir nie gesehen.“
Auch auf das Gelände der Haake-Beck-Braurei fallen Brandbomben und eine Luftmine. Werkseigene Kräfte löschen das Feuer, eine Bombe detoniert nicht.
„Viele Mitleidende beten. Ich habe alle bisherigen Angriffe auf Bremen mitgemacht, aber in so konzentrierter Form habe ich es noch nicht erlebt. Die Bomben fallen in Sekundenabständen“, schreibt ein Zeitzeuge in sein Tagebuch.
Auf dem Bild sehen Sie die Lichtkegel der Scheinwerfer auf der Suche nach feindlichen Bombern. Dazu hören Sie Flakgeschütz.
Todesangst
So beschreibt Erika Groll die Stimmung im Bunker Admiralstraße. Erst am Morgen darf sie ihn mit ihrer Mutter verlassen.
"Es war ein furchtbarer Gestank und alles war verraucht. Es wurde gar nicht hell.“ Das Dreifamilienhaus, in dem Mutter und Tochter lebten, ist zerstört. „Es war nichts mehr da, von oben bis unten ausgebrannt.“
Ausgebrannt
Halbe Stunde Bomben
Halbe Stunde Bomben
Die Bilanz einer Nacht:
- 274 britische Flugzeuge werfen
- rund 120.000 Bomben.
- 1054 Menschen sterben,
- 730 werden schwer verletzt.
- 50.000 Wohnungen,
- fünf Kirchen und
- über 100 Industriegebäude werden zerstört.
In einer Nacht entstehen 60 Prozent aller Kriegsschäden in Bremen. 30 Prozent der Kriegsopfer der Stadt sterben.
Entwarnung
Menschen verlassen in Scharen die Bunker. Dann zeigt sich, wie dramatisch die Situation draußen ist. In Bremen ist weiterhin Großalarm, durch die zahlreichen Brände hat sich in der Stadt ein Feuersturm gebildet.
Feuersturm
Ein Polizist beschreibt im Erfahrungsbericht seine Eindrücke der zerstörten Stadt:
"Gegen 0.40 Uhr fuhr ich (...) durch den Waller Ring zur Waller Heerstraße in Richtung Panzenberg, kam aber nur bis etwa Höhe Zwinglistraße."
Auf einer weiteren Seite heißt es: "Gegen 1.40 Uhr etwa versuchte ich nochmals, auf verschiedenen Wegen in das vorerwähnte Feuersturmgebiet vorzudringen, vor allem auch zum Bunker Grenzstraße zu gelangen, da dort Einschlussgefahr bestand."
Zerstörung
„Keine Löschkräfte mehr vorhanden, ca. 15 Kompanien erforderlich"
„Bunkerbesucher durch Feuer eingeschlossen. Schaffung einer Wassergasse erforderlich. Löschkräfte nicht mehr vorhanden“, meldet die Feuerwehr vom noch unfertigen Bunker Zwinglistraße.
„Hilfe dringend erforderlich. Keine Kräfte mehr“
"Melder können infolge von Feuersturm nicht durch. Erheblicher Schaden ist zu erwarten“.
Die Telegramme der Feuerwehr gleichen Hilferufen.
Hilflos
Günter Unger schreibt: "Alles kaputt. Das ganze Inventar, unsere schönen Möbel, auf Bildern kann ich sie nun jahrelang besehen. Mein Geburtshaus, Bremen, Tritonstraße 14, ist ausgestorben.“
Dramatisch ist die Situation am Panzenberg, dem am stärksten betroffenen Gebiet.
Westen in Trümmern
Anders im Bunker Zwinglistraße: Der Löschzug West-2, der seit 0.22 Uhr im Einsatz ist und erst gegen 14.35 Uhr seinen Dienst beenden wird, löscht die Flammen und rettet 2000 Menschen das Leben.
Einen Ticker mit den Ereignissen der Nacht lesen Sie hier.
Hilfe
Für Überlebende gibt es Sonderzuteilungen. Die BREMER NACHRICHTEN meldeten am 22. August, dass der Gauleiter 50 Gramm Bohnenkaffee, eine halbe Flasche Branntwein, für Kinder 125 Gramm Süßwaren genehmigt habe.
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